„Inklusion muss eine Haltung sein.“

Drei Fragen an Reinhold Scharpf, ehemaliger Geschäftsführer von Körperbehinderte Allgäu e.V. und gGmbH, Geschäftsführer des Betzigauer CAP Markts, des Allgäu ART Hotels sowie des Smart Motels und Stiftungsrat der Stiftung für Körperbehinderte Allgäu, der am 10. September 2020 für sein langjähriges und vielfältiges Engagement um die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen hat. 

Was war für Sie der wichtigste Meilenstein im Rahmen Ihres Engagements für Menschen mit Behinderung?

Menschen mit Behinderung haben mich immer inspiriert. Gerade Menschen mit komplexen Behinderungen, die auf umfängliche Hilfen angewiesen sind und nicht über Sprache kommunizieren können. Mich beeindruckt es bis heute, wie viel Freude diese Menschen ausstrahlen. Ich bin dankbar, dass ich vor über 40 Jahren Menschen mit Behinderung begegnet bin und ich diesen Weg bis heute gehen darf. Ich habe für mich sehr viel gelernt, auch gerade in schwierigen Situationen. Das wollte ich gerne durch die verschiedenen Projekte zurückgeben.

Und dabei hat mich die Körperbehinderte Allgäu und der Vorstand immer unterstützt. Sei es bei den Wohnkonzepten der WGs, der Kurzzeitpflege oder dem Internat, der gelebten Inklusion in der Kindertagesstätte oder im Astrid-Lindgren-Haus. Die Hilfen für Menschen nach einer Schädel-Hirn-Verletzung in der Villa Viva oder auch die ambulanten Dienste, die in den Sozialraum hineinwirken. Zuletzt auch die Projekte der Inklusionsbetriebe, die ebenfalls neue Alternativen darstellen für Menschen mit Behinderung und auch positiv in der Gesellschaft wahrgenommen werden – als gelebtes Miteinander.

Es ist besonders schön zu beobachten, was sich in Kempten und im Allgäu verändert hat. Da waren wir mit unseren öffentlichen Auftritten immer sehr nah dran und konnten sogenannte „nicht behinderte“ Menschen begeistern.

Was bedeutet die Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz für Sie?

Das Bundesverdienstkreuz nehme ich gerne an, als persönliche Auszeichnung für meine Arbeit, die ich immer von Herzen erbracht habe. Es ist aber auch eine Auszeichnung für die Menschen mit Behinderung, die damit als Teil der Gesellschaft gewürdigt werden. So sehe ich die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes nicht nur für mich, sondern für alle, die sich für Menschen mit Behinderung engagieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft im Hinblick auf die Themen Inklusion, Barrierefreiheit und Selbstbestimmung?

Inklusion muss immer mehr und mehr gelebt werden. Inklusion muss eine Haltung sein, damit die Werte der Inklusion in die Gesellschaft hineinwirken können. Barrierefreiheit darf sich nicht nur auf die baulichen Barrieren beziehen, sondern muss zu einem selbstverständlichen Miteinander führen. Deshalb ist auch wichtig, dass wir Menschen mit Behinderung „empowern“, also befähigen, sich für ihre eigene Sache stark zu machen. Da haben wir gerade als Einrichtungen noch eine wichtige Verpflichtung und Verantwortung wahrzunehmen.

Foto Übergabe Bundesverdienstkreuz am Bande: Bildquelle und Copyright – Gert Krautbauer / StMAS