Intensiver Austausch zum Thema Epilepsie und Arbeit beim NEA-Fachtreffen Schwaben 2023 von links nach rechts, hintere Reihe: Dr. Ralph Schreiner (Klinik Bogenhausen), Dr. Peter Pawlitzky (Betriebsarzt), Peter Focke (Integrationsamt Augsburg), Susanne Hirschberger (Rentenversicherung Bund), Dr. Rudolf Gihl (BG Bau), Dr. Katharina Buse (Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik), Elke Uffinger (Integrationsfachdienst =IFD), Dr. Solveig Turinsky (BG Bau), Katharina Stöger (IFD), Beate Gottschalk (IFD). Vordere Reihe: Manfred Hägele, Ulrike Titze, Barbara Eberle (Epilepsieberatung Schwaben), Michael Stehr (Schwerbehindertenvertreter).
Die Diagnose Epilepsie stellt Betroffene und Arbeitgeber oft von einem Tag auf den anderen vor einen Berg schwieriger Fragen, wie: Darf ich weiter Autofahren? Kann ich meine Arbeit noch ausüben? Wen muss ich informieren? Wie kann Arbeitssicherheit gewährleistet werden?
Das diesjährige Treffen des Netzwerks Epilepsie und Arbeit Schwaben (NEA) fand in Augsburg statt und bot aktuelle Informationen zum Thema „Lösungswege für Menschen mit Epilepsie im Arbeitsleben“. Die Einladung erfolgte durch die Epilepsieberatungsstellen Kempten, Memmingen und Augsburg.
Die Teilnehmer am Fachtreffen bildeten in diesem Jahr ein breites Spektrum von Professionen ab, die mit dem Thema Epilepsie und Arbeit befasst sind: Mitarbeitende des Inklusionsamtes, des Integrationsfachdienstes, Fachärzte für Arbeitsmedizin, Betriebsärzte, Reha-Beraterinnen der Deutschen Rentenversicherung und Schwerbehindertenvertreter.
Durch kompetente Analyse und Vernetzung der beteiligten Fachstellen können bestehende Arbeitsplätze häufig erhalten werden.
Das SGB IX hat durch das BTHG im Jahr 2018 den Anspruch behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen auf Selbstbestimmung und volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe neu formuliert und gestärkt.
Im Prozess der Klärung künftiger beruflicher Möglichkeiten sind verschiedene Bausteine wichtig:
Oberarzt Dr. Ralph Schreiner von der Klinik Bogenhausen gab beim Netzwerktreffen aktuelle Informationen zum Krankheitsbild Epilepsie und der Möglichkeit einer umfassenden medizinischen Abklärung während einer sogenannten Komplexbehandlung, die im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von zwei bis drei Wochen stattfindet.
Die Mitarbeiterin der Epilepsieberatungsstelle Kempten Barbara Eberle informierte über Rehakliniken, die Epilepsiepatienten behandeln, zum Teil auch mit dem vertieften Angebot einer Klärung beruflicher Möglichkeiten, der sogenannten „medizinisch-beruflich orientierten Reha“ (MBOR). Bei der Antragstellung auf „Medizinische Reha“ kann auf besondere berufliche Problemlagen (BBPL) hingewiesen werden, die den vertieften Bedarf beruflicher Klärung indizieren. Hierzu muss gesonderter Antrag auf „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ gestellt werden.
Aus der Summe der Reha-Maßnahmen entsteht ein detaillierter Abschlussbericht, der bei Wiedereingliederung, Weiterqualifizierung oder Umschulung einen großen Stellenwert hat. Der Antrag auf die Reha läuft über den Hausarzt oder den behandelnden Neurologen.
Ulrike Titze von der Beratungsstelle in Memmingen berichtete im Fallbeispiel von einem 17-jährigen Auszubildenden, der im 3. Lehrjahr zum Schlosser mehrere epileptische Anfälle erlitt. Im Rahmen einer Betriebsbegehung mit Betriebsarzt, Geschäftsführer und Peter Brodisch von der Beratungsstelle Oberbayern konnte eine individuelle Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. In dieser ist hinterlegt, wie die verschiedenen Maschinen und Arbeitssituationen (Montage auf Gerüsten, Arbeit in der Höhe, etc.) auf der Grundlage einer Risikomatrix mit Maßnahmen der Arbeitssicherheit so gestaltet werden können, dass der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Der junge Schlosser in Ausbildung ist aktuell anfallsfrei und sehr dankbar, dass er seine Ausbildung zu Ende bringen kann.
Manfred Hägele von der Beratungsstelle in Augsburg schilderte den langen Weg eines Betroffenen vom Ausbruch der Erkrankung bis zur Entscheidung, einen Rentenantrag zu stellen. Das ursprüngliche Berufsprofil umfasste eine weltweite Reisetätigkeit mit Montage.
Das Netzwerk Epilepsie und Arbeit trifft sich einmal im Jahr. Das Interesse am vorliegenden Thema, das oftmals selbst für Fachkräfte komplex und unübersichtlich ist, war lebhaft. 15 Teilnehmende verschiedener Berufsgruppen profitierten von der Möglichkeit, sich vertieft mit den Möglichkeiten beruflicher Wiedereingliederung bei Epilepsie auseinanderzusetzen und sich auszutauschen.
NEA-Fachteam Epilepsie und Arbeit
Nicht selten besteht in Phasen von Anfallsgeschehen ein dringender Klärungsbedarf von arbeitsmedizinischen, arbeitsrechtlichen und leistungsrelevanten Fragen. Hier sind die Epilepsieberatungsstellen und das Fachteam Epilepsie und Arbeit Schwaben hilfreiche Ansprechpartner. Neben einer persönlichen Beratung können Betriebsbegehungen durchgeführt werden, bei der auf Grundlage der medizinischen Situation mögliche anfallsbedingte Selbst- und Fremdgefährdungen am Arbeitsplatz erörtert werden. Die Ergebnisse werden in einer Gefährdungsbeurteilung zusammengefasst. Ziel ist immer der Erhalt des Arbeitsplatzes.
Das Netzwerk Epilepsie und Arbeit (NEA) Schwaben gibt es mittlerweile seit 12 Jahren. Die Epilepsieberatungsstellen in Augsburg, Kempten und Memmingen laden die unterschiedlichen Berufsgruppen zu den jährlichen stattfindenden Netzwerktreffen ein. Beteiligte Partner sind alle Professionen, die mit komplexen Situationen im Zusammenhang mit Epilepsie zu tun haben: So Betriebsärzte, Arbeitsmediziner, Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes oder zum Beispiel Reha-Berater der Rentenversicherung.